Verarbeitung von Autopolymerisat auf PMMA-Basis und die Polymerisation im Drucktopf: Unterschied zwischen den Versionen

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Du hast für die Reparatur einen Vorwall angefertigt. Danach hast Du das Arbeitsmodell für die Reparatur gewässert und isoliert. Isolieren bedeutet per Definition, etwas durch eine undurchlässige Schicht schützen.
Du hast für die Reparatur einen Vorwall angefertigt. Danach hast Du das Arbeitsmodell für die Reparatur gewässert und isoliert.


Eine Gipsisolierung besteht aus Alginat-Isoliermittel (Natrium-Alginat). Dieses wird auf die Gipsoberfläche gestrichen und es findet ein Ionen-Austausch zwischen der Na-Ionen des Isoliermittels und den Ca-Ionen der Gipsoberfläche statt. Durch diese Reaktion geliert das Alginat. Es entsteht ein hauchdünner Film auf der Oberfläche des Modells. Würde man den angemischten Kunststoffteig auf eine trockene Gipsoberfläche aufbringen, so würde sich Monomer in den porösen Gips einsaugen. Der Kunststoff wäre dann untrennbar mit dem Gips verbunden. Würde man beide Teile unter Gewalt trennen, wäre die Kunststoffoberfläche rauh und porös. Der Gips muss daher zum einen feucht sein, zum anderen muss eine dünne Alginatschicht auf das Modell aufgetragen werden. Isoliermittel-Pfützen reagieren nicht mehr mit den Ca-Ionen der Gipsoberfläche und führen zu Ungenauigkeiten in der fertigen Arbeit.
Du rauhst die Bruchstelle der Prothese großzügig an, fixierst sie am Modell und benetzt sie mit Monomer. Durch das Anrauhen der Bruchstelle vergrößerst Du die Oberfläche. Der bereits polymerisierte Kunststoff kann durch die Benetzung mit Monomer quellen. Zusätztlich werden Radikale im Polymer freigesetzt, die eine Bindung mit dem neuen Kunststoff eingehen können. Ohne dies könnte keine chemische Verbindung zwischen altem und neuen Kunststoff zustande kommen. Daher ist es wichtig, die Bruchstücke zunächst mit flüssigem Monomer zu benetzen.
 
Du rauhst die Bruchstelle der Prothese großzügig an, fixierst sie am Modell und benetzt sie mit Monomer. Durch das Anrauhen der Bruchstelle vergrößerst Du die Oberfläche. Der bereits polymerisierte Kunststoff kann durch die Benetzung mit Monomer quellen. Zusetztlich werden Radikale im Polymer freigesetzt, die eine Bindung mit dem neuen Kunststoff eingehen können. Ohne dies könnte keine chemische Verbindung zwischen altem und neuen Kunststoff zustande kommen. Daher ist es wichtig, die Bruchstücke zunächst mit flüssigem Monomer zu benetzen.


Der nach Herstellerangaben angerührte Kunststoff - in unserem Beispiel 10g Polymer und 7ml Monomer - wird ebenso großzügig aufgetragen oder bei größeren Defekten einlaufen gelassen (Gießverfahren). Anschließend polymerisiert die Prothese für 10 Minuten bei 45°C im Drucktopf aus. Beachte hierbei unbedingt die Zeit- und Temperaturangaben des Herstellers der verwendeten Kunststoffe, um die Qualität zu sichern.
Der nach Herstellerangaben angerührte Kunststoff - in unserem Beispiel 10g Polymer und 7ml Monomer - wird ebenso großzügig aufgetragen oder bei größeren Defekten einlaufen gelassen (Gießverfahren). Anschließend polymerisiert die Prothese für 10 Minuten bei 45°C im Drucktopf aus. Beachte hierbei unbedingt die Zeit- und Temperaturangaben des Herstellers der verwendeten Kunststoffe, um die Qualität zu sichern.
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===<u>Das Gießverfahren</u>===
=== Isolieren des Modells ===
Isolieren bedeutet per Definition, etwas durch eine undurchlässige Schicht schützen.
 
Eine Gipsisolierung besteht aus Alginat-Isoliermittel (Natrium-Alginat). Dieses wird auf die Gipsoberfläche gestrichen und es findet ein Ionen-Austausch zwischen der Na-Ionen des Isoliermittels und den Ca-Ionen der Gipsoberfläche statt. Durch diese Reaktion geliert das Alginat. Es entsteht ein hauchdünner Film auf der Oberfläche des Modells.
 
Würde man den angemischten Kunststoffteig auf eine trockene Gipsoberfläche aufbringen, so würde sich Monomer in den porösen Gips einsaugen. Der Kunststoff wäre dann untrennbar mit dem Gips verbunden. Würde man beide Teile unter Gewalt trennen, wäre die Kunststoffoberfläche rauh und porös. Der Gips muss daher zum einen feucht sein. Zum anderen muss eine dünne Alginatschicht auf das Modell aufgetragen werden.
 
Isoliermittel-Pfützen reagieren nicht mehr mit den Ca-Ionen der Gipsoberfläche und führen zu Ungenauigkeiten in der fertigen Arbeit.
 
===Das Gießverfahren===
Hierbei werden meistens flüssige Autopolymerisate wie in unserem Beispiel in einen Vorwall gegossen und unter Druck bei 40°C bis 55°C im Wasserbad polymerisiert. Es gibt auch Gießküvetten mit spezieller Dubliermasse. Nach dem Anrühren ist der Kunststoff etwa 3 Minuten lang gießfähig und geht danach in die plastische Phase über. Nach etwa 10 Minuten soll sich die Arbeit im Drucktopf befinden.
Hierbei werden meistens flüssige Autopolymerisate wie in unserem Beispiel in einen Vorwall gegossen und unter Druck bei 40°C bis 55°C im Wasserbad polymerisiert. Es gibt auch Gießküvetten mit spezieller Dubliermasse. Nach dem Anrühren ist der Kunststoff etwa 3 Minuten lang gießfähig und geht danach in die plastische Phase über. Nach etwa 10 Minuten soll sich die Arbeit im Drucktopf befinden.


Einsatz findet die Methode nicht nur bei Reparaturen, sondern auch bei der Herstellung '''und''' Komplettierung von temporären partiellen Prothesen. Das Verfahren ist vor allem zeitsparend und kostengünstig wegen geringen apparativen Aufwand und somit bei Reparaturen beliebt. Das Problem dieses Verfahrens stellt die unkontrollierbare Schrumpfung des Kunststoffes dar. Zähne, die im Vorwall nicht unverrückbar fixiert sind, werden möglicherweise verschoben.
Einsatz findet die Methode nicht nur bei Reparaturen, sondern auch bei der Herstellung '''und''' Komplettierung von temporären partiellen Prothesen. Das Verfahren ist vor allem zeitsparend und kostengünstig wegen geringen apparativen Aufwand und somit bei Reparaturen beliebt. Das Problem dieses Verfahrens stellt die unkontrollierbare Schrumpfung des Kunststoffes dar. Zähne, die im Vorwall nicht unverrückbar fixiert sind, werden möglicherweise verschoben.


===<u>Die Polymerisation im Drucktopf</u>===
===Die Polymerisation im Drucktopf===
Bei der Polymersation von MMA wird '''Wärme''' freigesetzt. Die sich im Kunststoffteig bewegenden Monomermoleküle verlieren beim Andocken an ein Kettenende ihre Bewegungsenergie. Diese wandelt sich in Wärmeenergie um. Die Polymerisation ist daher eine '''exotherme Reaktion'''.
Bei der Polymersation von MMA wird '''Wärme''' freigesetzt. Die sich im Kunststoffteig bewegenden Monomermoleküle verlieren beim Andocken an ein Kettenende ihre Bewegungsenergie. Diese wandelt sich in Wärmeenergie um. Die Polymerisation ist daher eine '''exotherme Reaktion'''.



Version vom 14. April 2024, 11:46 Uhr

Bestimmt hast Du schon mit Autopolymerisat für die Instandsetzung einer Prothese im Betrieb oder in der ÜBL gearbeitet und kennst die Schritte zur Verarbeitung und anschließenden Aushärtung im Drucktopf. Falls noch nicht, wirst Du hier nun das nötige Wissen zur Verarbeitung von Autopolymerisat nachlesen können.

Die Polymerisation von Methylmethacrylat sollte dir grundsätzlich in Bezug auf Auto- und Photopolymerisat aus Lernsituation 2.1 - Radikalische Polymerisation bekannt sein. Falls Du dazu eine Wiederholung benötigst, sieh dort nochmal nach.

Überprüfe nun zunächst Deine Kompetenzen mit den Übungen in deinem Lernmanagementsystem:

  • Übung zu den chemischen Grundlagen der radikalischen Polymerisation
  • Übung zur radikalischen Polymerisation.

Beide Übungen sind verpfllichtend und werden für die weitere Arbeit vorausgesetzt.

Du hast für die Reparatur einen Vorwall angefertigt. Danach hast Du das Arbeitsmodell für die Reparatur gewässert und isoliert.

Du rauhst die Bruchstelle der Prothese großzügig an, fixierst sie am Modell und benetzt sie mit Monomer. Durch das Anrauhen der Bruchstelle vergrößerst Du die Oberfläche. Der bereits polymerisierte Kunststoff kann durch die Benetzung mit Monomer quellen. Zusätztlich werden Radikale im Polymer freigesetzt, die eine Bindung mit dem neuen Kunststoff eingehen können. Ohne dies könnte keine chemische Verbindung zwischen altem und neuen Kunststoff zustande kommen. Daher ist es wichtig, die Bruchstücke zunächst mit flüssigem Monomer zu benetzen.

Der nach Herstellerangaben angerührte Kunststoff - in unserem Beispiel 10g Polymer und 7ml Monomer - wird ebenso großzügig aufgetragen oder bei größeren Defekten einlaufen gelassen (Gießverfahren). Anschließend polymerisiert die Prothese für 10 Minuten bei 45°C im Drucktopf aus. Beachte hierbei unbedingt die Zeit- und Temperaturangaben des Herstellers der verwendeten Kunststoffe, um die Qualität zu sichern.

Im Klassenraum liegen Verarbeitungsanleitungen eines oder mehrerer Kunststoffhersteller bereit.

Vergleiche die oben beschriebenen Angaben mit denen der Hersteller und notiere bei Bedarf mit Hilfe deiner Lehrkraft Besonderheiten der Verarbeitungsanleitung.

Isolieren des Modells

Isolieren bedeutet per Definition, etwas durch eine undurchlässige Schicht schützen.

Eine Gipsisolierung besteht aus Alginat-Isoliermittel (Natrium-Alginat). Dieses wird auf die Gipsoberfläche gestrichen und es findet ein Ionen-Austausch zwischen der Na-Ionen des Isoliermittels und den Ca-Ionen der Gipsoberfläche statt. Durch diese Reaktion geliert das Alginat. Es entsteht ein hauchdünner Film auf der Oberfläche des Modells.

Würde man den angemischten Kunststoffteig auf eine trockene Gipsoberfläche aufbringen, so würde sich Monomer in den porösen Gips einsaugen. Der Kunststoff wäre dann untrennbar mit dem Gips verbunden. Würde man beide Teile unter Gewalt trennen, wäre die Kunststoffoberfläche rauh und porös. Der Gips muss daher zum einen feucht sein. Zum anderen muss eine dünne Alginatschicht auf das Modell aufgetragen werden.

Isoliermittel-Pfützen reagieren nicht mehr mit den Ca-Ionen der Gipsoberfläche und führen zu Ungenauigkeiten in der fertigen Arbeit.

Das Gießverfahren

Hierbei werden meistens flüssige Autopolymerisate wie in unserem Beispiel in einen Vorwall gegossen und unter Druck bei 40°C bis 55°C im Wasserbad polymerisiert. Es gibt auch Gießküvetten mit spezieller Dubliermasse. Nach dem Anrühren ist der Kunststoff etwa 3 Minuten lang gießfähig und geht danach in die plastische Phase über. Nach etwa 10 Minuten soll sich die Arbeit im Drucktopf befinden.

Einsatz findet die Methode nicht nur bei Reparaturen, sondern auch bei der Herstellung und Komplettierung von temporären partiellen Prothesen. Das Verfahren ist vor allem zeitsparend und kostengünstig wegen geringen apparativen Aufwand und somit bei Reparaturen beliebt. Das Problem dieses Verfahrens stellt die unkontrollierbare Schrumpfung des Kunststoffes dar. Zähne, die im Vorwall nicht unverrückbar fixiert sind, werden möglicherweise verschoben.

Die Polymerisation im Drucktopf

Bei der Polymersation von MMA wird Wärme freigesetzt. Die sich im Kunststoffteig bewegenden Monomermoleküle verlieren beim Andocken an ein Kettenende ihre Bewegungsenergie. Diese wandelt sich in Wärmeenergie um. Die Polymerisation ist daher eine exotherme Reaktion.

Diese Wärme muss einerseits so abgeführt werden, dass der Kunststoffteig nicht über 100,3°C warm wird. Bei dieser Temperatur würde er sieden (kochen) und weiße sichtbare Bläschen im Kunststoff bilden. Das verschlechtert die Festigkeit und die Ästhetik.

Daher erfolgt die Polymerisation im Drucktopf bei 45 - 55°C warmem Wasser. Diese warme Temperatur bewirkt eine Beschleunigung der Polymerisation und einen vollständigeren Ablauf. Die Beschleunigung der Polymerisation gegenüber Raumtemperatur verhindert, dass sich der Kunststoffteig, der ja mit Wasser in Kontakt steht, nicht im Monomer lösen kann. Dies würde zu einer Weißverfärbung an der Oberfläche des Kunststoffes führen.

Andererseits kühlt das Wasser so zu Beginn den Kunststoffteig (exotherme Reaktion). Eine Entstehung von Siedebläschen während der Hauptphase der Polymerisation wird vermieden. Der Druck von 2 bar im Drucktopf sorgt zusätzlich dafür, dass der Kunststoffteig heißer als 100,3°C werden kann. Siedebläschen entstehen dann noch nicht. Die Siedetemperatur erhöht sich unter Druck bei Monomer auf 130-140°C. Mit steigendem Druck erhöht sich demnach der Siedepunkt. Du darfst den Drucktopf während des Polymerisationsvorgangs daher nie öffnen.

Übungsaufgaben zur Anwendung deiner neuen Kompetenzen

  1. Notiere stichpunktartig die vorbereitenden Arbeitsschritte für die Reparatur einer gebrochenen Prothese.
  2. Welche Bedeutung kommt dem Wässern des Gipsmodells und dem Isolieren zu? Erkläre dies.
  3. Welche beiden Aufgaben erfüllt das 45-55°C warme Wasser im Drucktopf? Erläutere in diesem Zusammenhang das Zustandekommen und die Vermeidung von Siedebläschen bei der Polymerisation von Prothesenkunststoffen.
  4. Entwerfe eine Liste der Fehlermöglichkeiten und jeweils einen Vorschlag zur Behebung/Vermeidung der Fehler.