Verarbeitung von Autopolymerisat auf PMMA-Basis und die Polymerisation im Drucktopf

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Du hast während Deinmer bisherigen Ausbildung sicherlich schon mit Autopolymerisat eine Prothese repariert oder unterfüttert. Du kennst die Arbeitsschritte und verwendest den Drucktopf zum Aushärten (Polymerisation). Hast Du die Verarbeitungsanleitung für das Autopolymerisat schon mal gelesen ;-)?

Die Polymerisation von Methylmethacrylat sollte dir grundsätzlich in Bezug auf Auto- und Photopolymerisat aus der Lernsituation 2.1 bekannt sein.

Überprüfe nun zunächst Dein Wissen aus der Lernsituation 2.1 mit den beiden folgenden Übungen:

Als Lernende des ADBK Düsseldorf führst Du die Übungen bitte in Deinem Lernmanagementsystem (LMS) aus! Nur dort erhältst Du auch eine Bewertung für die Übung.




Die Reparatur einer Prothese führst Du normalerweise in diesen Schritten durch:

  • Du hast einen Vorwall angefertigt.
  • Du hast das Arbeitsmodell für die Reparatur gewässert und isoliert.
  • Du rauhst die Bruchstelle der Prothese großzügig an, fixierst sie am Modell und benetzt die angerauhten Stellen mit Monomer.
Durch das Anrauhen der Bruchstelle vergrößerst Du die Oberfläche. Der bereits polymerisierte Kunststoff kann durch die Benetzung mit Monomer quellen. Zusätzlich werden Radikale im Polymer freigesetzt, die eine Bindung mit dem neuen Kunststoff eingehen können. Ohne dies könnte keine chemische Verbindung zwischen altem und neuen Kunststoff zustande kommen. Daher ist es wichtig, die Bruchstücke zunächst mit flüssigem Monomer zu benetzen.

Der nach Herstellerangaben angerührte Kunststoff - in unserem Beispiel 10g Polymer und 7ml Monomer - wird ebenso großzügig aufgetragen oder bei größeren Defekten einlaufen gelassen (Gießverfahren). Anschließend polymerisiert die Prothese für 10 Minuten bei 45°C im Drucktopf aus. Beachte hierbei unbedingt die Zeit- und Temperaturangaben des Herstellers der verwendeten Kunststoffe, um die Qualität zu sichern.

Im Klassenraum liegen Verarbeitungsanleitungen eines oder mehrerer Kunststoffhersteller bereit.

Vergleiche die oben beschriebenen Angaben mit denen der Hersteller und notiere bei Bedarf mit Hilfe deiner Lehrkraft Besonderheiten der Verarbeitungsanleitung.

Isolieren des Modells

Isolieren bedeutet per Definition, etwas durch eine undurchlässige Schicht schützen.

Eine Gipsisolierung besteht aus Alginat-Isoliermittel (Natrium-Alginat). Dieses wird auf die Gipsoberfläche gestrichen und es findet ein Ionen-Austausch zwischen der Na-Ionen des Isoliermittels und den Ca-Ionen der Gipsoberfläche statt. Durch diese Reaktion geliert das Alginat. Es entsteht ein hauchdünner Film auf der Oberfläche des Modells.

Würde man den angemischten Kunststoffteig auf eine trockene Gipsoberfläche aufbringen, so würde sich Monomer in den porösen Gips einsaugen. Der Kunststoff wäre dann untrennbar mit dem Gips verbunden. Würde man beide Teile unter Gewalt trennen, wäre die Kunststoffoberfläche rauh und porös. Der Gips muss daher zum einen feucht sein. Zum anderen muss eine dünne Alginatschicht auf das Modell aufgetragen werden.

Isoliermittel-Pfützen reagieren nicht mehr mit den Ca-Ionen der Gipsoberfläche und führen zu Ungenauigkeiten in der fertigen Arbeit.

Das Gießverfahren

Hierbei werden meistens flüssige Autopolymerisate wie in unserem Beispiel in einen Vorwall gegossen und unter Druck bei 40°C bis 55°C im Wasserbad polymerisiert. Es gibt auch Gießküvetten mit spezieller Dubliermasse. Nach dem Anrühren ist der Kunststoff etwa 3 Minuten lang gießfähig und geht danach in die plastische Phase über. Nach spätestens etwa 10 Minuten (bitte Verarbeitungsanleitung des jeweiligen Kunststoffes beachten!) soll sich die Arbeit im Drucktopf befinden.

Einsatz findet die Methode nicht nur bei Reparaturen, sondern auch bei der Herstellung und Komplettierung von temporären partiellen Prothesen. Das Verfahren ist vor allem zeitsparend und kostengünstig wegen geringen apparativen Aufwand und somit bei Reparaturen beliebt. Das Problem dieses Verfahrens stellt die unkontrollierbare Schrumpfung des Kunststoffes dar. Zähne, die im Vorwall nicht unverrückbar fixiert sind, werden möglicherweise verschoben.

Die Polymerisation im Drucktopf

Bei der Polymersation von MMA wird Wärme freigesetzt. Die sich im Kunststoffteig bewegenden Monomermoleküle verlieren beim Andocken an ein Kettenende ihre Bewegungsenergie. Diese wandelt sich in Wärmeenergie um. Die Polymerisation ist daher eine exotherme Reaktion.

Diese Wärme muss einerseits so abgeführt werden, dass der Kunststoffteig nicht über 100,3°C warm wird. Bei dieser Temperatur würde er sieden (kochen) und weiße sichtbare Bläschen im Kunststoff bilden. Das verschlechtert die Festigkeit und die Ästhetik.

Daher erfolgt die Polymerisation im Drucktopf bei 45 - 55°C warmem Wasser. Diese warme Temperatur bewirkt eine Beschleunigung der Polymerisation und einen vollständigeren Ablauf. Die Beschleunigung der Polymerisation gegenüber Raumtemperatur verhindert, der noch nicht polymerisierte Teil des Kunststoffteiges Wasser aufnimmt. Dies würde zu einer Weißverfärbung an der Oberfläche des Kunststoffes führen. Monomer kann bis zu ca. 1% Wasser aufnehmen.[1]

Andererseits kühlt das Wasser so zu Beginn den Kunststoffteig (exotherme Reaktion). Eine Entstehung von Siedebläschen während der Hauptphase der Polymerisation wird vermieden. Der Druck von 2 bar im Drucktopf sorgt zusätzlich dafür, dass der Kunststoffteig heißer als 100,3°C werden kann. Siedebläschen entstehen dann noch nicht. Die Siedetemperatur erhöht sich unter Druck bei Monomer auf 130-140°C. Mit steigendem Druck erhöht sich demnach der Siedepunkt. Du darfst den Drucktopf während des Polymerisationsvorgangs daher nie öffnen.



  1. Ernst Rieder; S.261f Nichtmetalle; Verlag Neuer Merkur