1998 LS 8.1 Waermebehandlung

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Vorwissen

Bei der Verarbeitung von Metallen und Metalllegierungen kommt es immer zu Kaltverformungen und Gussfehlern. Kaltverformungen sind plastische Verformungen bei z.B. Raumtemperatur, wie Abstrahlen oder Biegen. Gussfehler entstehen durch ungleichmäßige Abkühlung oder einer zu schnellen Abkühlung. Dabei entstehen innere Spannungen im Gefüge (räumliche Anordnung von Atomen, siehe Grafik), die zu einer Erhöhung der Festigkeit führen. Zu hohe innere Spannung führt zu einer unerwünschten Festigkeitserhöhung, welche zu Verzug (die Arbeit passt nicht mehr), Rissbildung oder Bruch führen kann. In den meisten Fällen sind die inneren Spannungen aber vernachlässigbar, wenn die Verarbeitungsanleitung eingehalten wird. Bei großen/langen Teilen ist die Gefahr größer.

Beispiel: Verfestigung durch Abstrahlen

Erhöhung der Festigkeit

Spannungs-Dehnungs-Diagramm bei den Wärmebehandlungen Härten (blau), Vergüten (Grün) und Weichglühen (Rot)

Wie man dem Graphen entnehmen kann, führt eine Erhöhung der Festigkeit zwar zu einer Erhöhung der maximalen Spannung, jedoch besagt die Fläche unter dem Graphen aus, wie viel Energie und damit wie viel innere Spannungen ein Werkstück aufnehmen kann. Bei höherer Festigkeit wird ein Werkstück zunehmend anfälliger für Brüche. Bei den gehärteten (blau) Werkstück bricht das Werkstück schon bei einmaliger großer Spannung, da sich das Werkstück kaum dehnen kann. Allerdings ist das Werkstück sehr widerstandsfähig gegen Eindringen eines Körpers in die Oberfläche (vergleiche Definition Härte).

Wärmebehandlung

Die Wärmebehandlung ist ein technischer Prozess, der das gezielte Erhitzen sowie das anschließende kontrollierte Abkühlen von Materialien umfasst, um deren Eigenschaften zu verbessern. Dieses Verfahren wird vor allem bei Metallen eingesetzt, kann jedoch auch bei Kunststoffen angewandt werden.

Wärmebehandlungen sind ein Extraschritt, der bei den meisten zahntechnischen Arbeiten die Eigenschaften zwar verbessert, aber nicht notwendig ist. Wärmebehandlungen kosten Zeit und Geld.

Ablauf der Wärmebehandlungen

Ablauf Wärmebehandlung

Jede Wärmebehandlung besteht aus den Phasen (s. Abbildung):

  1. Erwärmen (Aufwärmen und Durchwärmen),
  2. Halten und
  3. Abkühlen





Erwärmen, Halten und Abkühlen

Das Erreichen der Zieltemperatur eines Werkstücks kann auf zwei Arten erfolgen: einerseits durch Wärmeübertragung, bei der die Wärme durch Wärmeübertragung (durch Konvektion (Muffelofen/Backofen/Heizung) oder Strahlung (Infrarotheizung), auf das Werkstück übergeht (normaler Ofen), und andererseits durch im Werkstück selbst erzeugte Wärme mittels Induktionserwärmung (Mehr dazu beim Gießen).

Bei der Wärmeübertragung erfolgt die Erwärmung des inneren Teils des Werkstücks durch Wärmeleitung, was bedeutet, dass der Kern (die Mitte des Werkstücks) später die Zieltemperatur erreicht als der Rand (die Oberfläche). Dies wird als Durchwärmen bzw. Durchwärmzeit bezeichnet (s. Abbildung oben). Eine viel schnellere Erwärmung ist machbar, wenn die Wärme innerhalb des Werkstücks generiert wird, dies geschieht durch Induktionserwärmung (Mehr dazu beim Gießen).

Mit steigender Erwärmungsgeschwindigkeit, größerer Abmessung des Werkstücks und geringerer thermischer Leitfähigkeit des Materials nimmt der Temperaturunterschied zwischen dem Kern und dem Rand des Werkstücks zu. Obwohl aus ökonomischen Gründen (Zeit, Geld) eine schnelle Erwärmung des Werkstücks angestrebt wird, führt dies zu erhöhten Risiken von Verzug und Rissen aufgrund der beträchtlichen Temperaturdifferenzen zwischen Rand und Kern.

Die Veränderung im Gefüge braucht etwas Zeit, dieses ist die Haltezeit. Im Anschluss daran wird abgekühlt. Schnelles Abkühlen führt zu einer erhöhten Festigkeit und Härte, da die Atome, die sich durch die Erwärmung wieder bewegen können, keine Zeit haben in einen stabilen Zustand zu gelangen. Die Atome sind dann in einem instabilen Zustand. Bei einer langsamen Abkühlung haben mehr Atome die Möglichkeit in einen stabilen Zustand zu kommen und das Werkstück kann wieder mehr innere Spannungen ertragen und ist z.B. wieder verformbar.

Je nach Wärmebehandlung, Abmessung, Art der Erwärmung und natürlich der verwendeten Legierung werden andere Temperaturen und Zeiten angegeben, welche man aus z.B. Herstellerangaben entnehmen kann. Zusätzlich gibt es immer noch Erfahrungswerte.

Ausgewälte Wärmebehandlungen

Weichglühen

Das Ziel des Weichglühens ist, den Atomen in Gefüge die Möglichkeit zu geben in einen stabilen Zustand zu kommen. Beim Weichglühen hebt man die Spannungen durch Verformung möglichst auf. Das Werkstück wird "weicher" und ist wieder gut verformbar. Daher wurde Weichglühen bei Werkstücken angewendet, welche durch Kaltverformung z.B. beim Biegen von Klammern hart und spröde geworden sind. Momentan wird es in der Zahntechnik kaum verwendet, aber das kann sich in Zukunft wieder ändern.

Härten und Vergüten

Beim Härten und Vergüten sollen die Atome im Gefüge in einen instabilen Zustand gelangen. Dies geschieht, indem das Werkstück nach dem Halten schnell abgekühlt wird. Die durch Wärmeenergie in Bewegung versetzten Atome haben keine Zeit in einen stabilen Zustand zu kommen und werden daher instabil.

Beim Härten wird das Werkstück härter und bricht schneller, ist aber widerstandsfähiger gegen Eindringen. Und die Wahrscheinlichkeit des Brechens eines Werkstücks zu verringern, kann man das Werkstück auch Vergüten. Dabei wird es wieder erwärmt, gehalten und abgekühlt, jedoch in einem anderen Temperaturbereich. Durch das Vergüten erreicht man eine gute Balance zwischen Härte, Festigkeit und das Werkstück kann viel Energie aufnehmen. Es ist jedoch nicht mehr ganz so hart. Härten und Vergüten geschieht häufig bei Aufbrennlegierungen im Keramikofen (Wie praktisch :-) ).

Quellen